war am 24.Mai.2024 zu Gast bei unseren regelmäßig stattfindenden Online-Meetings. Sie setzt damit die Reihe unterschiedlicher Gesprächspartner mit ihrer Perspektive als Kommunalpolitikerin fort.
Zur Einstiegsfrage Was verstehen Sie unter Regelbewusstsein? hatte sie auch gleich eine Antwort parat, die sicherlich viele teilen. „Regeln sind notwendig, aber oft einschränkend was den Gestaltungsspielraum betrifft. Sie sind nützlich, wenn mehrere Personen an einem Projekt arbeiten. Bestimmte Regeln schaffen dann ein notwendiges Maß an Verlässlichkeit und die einzelnen Themen lassen sich auch bei hoher Komplexität nachher zusammenführen. Auch bei unangenehmen Entscheidungen helfen Regeln, wenn sie Teil einer umfassenderen Planung sind und die Begründung ergänzen“. Ihr Beispiel: die Gestaltungssatzung der Stadt Neu-Ulm, die das Ziel hat, die Außengastronomie im öffentlichen Raum im Rahmen der Gesamtstadtplanung in einheitlicher Qualität und Optik vorzuschreiben.
„Grundsätzlich kommen Regeln nicht nur aus der Politik“, so Katrin Albsteiger, „sondern im gleichen Maß auch aus der Bürgerschaft und nicht zuletzt auch von meinen Mitarbeitenden. Da sehe ich es als meine Aufgabe, mehr Eigenverantwortung und mehr Entscheidungsfähigkeit einzufordern. Voraussetzung dafür ist jedoch eine angepasste Fehlerkultur, die den Mitarbeitenden bei einer falschen Entscheidung den Rücken stärkt und man gemeinsam an einer möglichen Lösung arbeitet“.
Der Schwellenwert für gerichtliche Einsprüche müsse vielleicht erhöht werden meinte Katrin Albsteiger auf die Frage nach einer Nichtzulassung von Bagatellklagen. Dazu gehören unter anderem die zunehmenden Klagen von Eltern, die Entscheidungen von Lehrern nicht akzeptieren. Es bliebe jedoch der Entscheidungsspielraum einzelner Richter, „und das ist eine Frage der Haltung“. Mit einem Lehrer verheiratet, hat sie einen guten Einblick und sieht den Schlüssel für einen notwendigen „Kulturwandel“, eine Umkehr zu mehr Eigenverantwortung, im Bildungsbereich – sowohl an Schulen, als auch im Elternhaus. Grundsätzlich plädierte sie dafür, Regeln vor ihrer Verabschiedung auf ihre Ausgestaltung zu überprüfen, und nur wirklich Notwendiges festzulegen. „Anschließend ist es in der Regel zu spät“.
Die abschließende Frage, welche Regel sie abschaffen würde beantwortete Katrin Albsteiger mit einem klaren Nein zum Lieferkettengesetz. Auch mit dieser Meinung ist sie sicher nicht allein…
Dr. Dieter Salomon, Vorsitzender des Normenkontrollrates in Baden-Württemberg und Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein
Zusammenfassung:
Als Vorsitzender des Normenkontrollrates in Baden-Württemberg war Dr. Dieter Salomon natürlich prädestiniert für eine Einladung zu RoC45.
Leider machte er uns hier bei unserem Gespräch am 7.März 2024 wenig Hoffnung. „Der Normenkontrollrat hat keine wirklichen Befugnisse.“ so Dieter Salomon.
Zwar sei es die Aufgabe des Normenkontrollrates, für bessere Gesetze zu sorgen. Mittel, diesen Zweck auch zu erreichen oder auch nur Verbesserungen durchzusetzen, habe er aber nicht.
Als Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein weiß Dr. Dieter Salomon um die Nöte der Wirtschaft bei der Bürokratie.
Viele Regelungen sind unnötig komplex, erzeugen Kosten oder sind kaum umzusetzen.
Bürokratie sei eines der größten Standortnachteile in Deutschland. Er hatte hier für viele Beispiele.
>>Welche Regelung Sie als erstes abschaffen würden?
Als erstes würde ich abschaffen: „die Schriftformerfordernis bei vielen Anträgen – und dann das Förderwesen in Baden-Württemberg digitalisieren und völlig neu aufstellen.
Thomas Heilmann, MdB Mitglied des Deutschen Bundestages. Buchautor NEUSTAAT: Politik und Staat müssen sich ändern.
Der Normenkontrollrat als Vitaminpräparat gegen eine massive Lungenentzündung? Diesen anschaulichen Vergleich zog Thomas Heilmann am 16. April 2024 in unserem Gespräch im Rahmen von RoC 45.
Und er hat recherchiert: Alle Regierungen seit Helmut Kohl hatten den Büokratieabbau in ihrem Programm, kamen aber mit mehr Bürokratie aus ihrer jeweiligen Legilslaturperiode.
Ob auch bei Helmut Schmidt schon das Ziel ausgegeben war, will der Autor des Buches „Neustaat“ noch ermitteln. Da hier die Unterlagen noch nicht digital zur Verfügung stehen, ist das aber zeitaufwändig.Das Ziel zu transparenteren und effizienteren Regeln und damit zu weniger Bürokratie ist also seit Jahrzehnten formuliert. Nur die Umsetzung ist bislang gescheitert. Lösungsansätze gibt es. Einige vielversprechende sind in seinem Buch „Neustaat“ nachzulesen.
Woran scheitert dann die Politik?
„Es gibt viele Institutionen, die nur ihr eigenes Ziel verfolgen. Aber keine übergreifende Koordination. Das macht vieles schwierig.“ so Heilmann. Und: „Es fehlt noch der politische Wille zu den notwendigen, tiefgreifenden Veränderungen.“ Der Apfel ist also noch nicht reif. Nach Ansicht von Heilmann aber schon zu 60%. Wann werden es dann 100% sein? Das sei schwierig zu prognostizieren. Politische Prozesse fänden immer in einem Umfeld statt, das die Akteure auch nicht beeinflussen könnten. Der Reifeprozess kann schnell gehen oder auch Jahrzehnte dauern. Man wisse es nicht. Letztendlich könne der Apfel auch am Baum verfaulen.
>>Welche Regelung Sie als erstes abschaffen würden?
Ich würde viele Normen im Baurecht, die den Wohnungsbau unnötig verteuern, abschaffen.
Prof. Dr. Hendrik Brumme, Präsident der Hochschule Reutlingen
Ausgesprochen aufgeschlossen für das Thema Regeln ohne Chaos stand uns Prof. Brumme am 20.September für ein Roc45 Gespräch zur Verfügung und unterschied zunächst zwischen informellen und normierten Regeln. Letzteres ist definitiv ein Problem in Deutschland, das hemmt.
Als Negativ-Beispiel nannte Prof. Brumme die Präsidiumssitzungen der Hochschule. „Waren es früher Treffen bei denen die Themen Weiterentwicklung der Hochschule und Innovationen im Mittelpunkt standen, so diskutieren wir heute über die Einhaltung von Compliance Leitsätzen und Regelkonformität. Das ist eine Entwicklung in die falsche Richtung“ so Prof. Brumme. Es geht zu viel um Absicherung, die hohe Komplexität führt zur Angst Fehler zu machen, man übernimmt weniger Verantwortung, da alles genauestens überprüft wird.
Eine Lösung hatte der Präsident der Hochschule auch nicht parat, allerdings einen möglichen Lösungsansatz. Seine Feststellung, dass die Tendenz zur detaillierten Regelungen mit der Größe der Einheit zunimmt, nimmt er zum Anlass die Hochschule entsprechend in zwei kleinere Systeme zurückzubauen und erhofft sich mehr Eigeninitiative und weniger Missbrauch des Systems. „In übersichtlichen Strukturen funktioniert eine gewisse Selbstkontrolle, die Eigenverantwortung wächst, sie sind flexibler und regeln sich selbst. Ob das eine mögliche Lösung ist wird sich zeigen und ob sich der größte Teil der bisherigen Regeln automatisch erledigt, ebenfalls. Manche Regelwerke stehen in Bezug zu anderen und lassen sich nicht so leicht abschaffen“. Impulse für die Abschaffung von Regeln müssen, aus seiner Sicht, top-down erfolgen.
Ein RoC45 Gespräch mit interessantem Input, und neuen Perspektiven. Regelbewusstsein ist die Voraussetzung für weniger Bürokratismus, darin war sich die Gesprächsrunde einig und differenzierte zwischen den Begriffen Bürokratismus, als die Seite der Treiber, und Bürokratie als die der Umsetzenden.
Dekan Dr. Thorsten Krannich, Ulm
Die Menge der Regeln hat sich nicht vermehrt, sondern verändert. Diese etwas verblüffende Meinung war der Einstieg unseres Gesprächspartners Dr. Thorsten Krannich in unser RoC45 Gespräch am 20. Juli.
Der im März gewählte Theologe übernimmt ab September den Vorsitz des Dekanats Ulm, und blickt mit einem Theologiestudium und einer Promotion in Kirchengeschichte, aus einer etwas anderen Perspektive auf die zunehmende Regulierung. Die ihn selbstverständlich auch betrifft, denn 70 Prozent seiner Arbeit besteht aus der Koordinierung von Verwaltungsabläufen.
Doch zurück zu seiner Definition von Regelbewusstsein, die aus theologischer und philosophischer Sicht eine veränderbare Konstante ist. Keineswegs ein Widerspruch in sich, denn auch in der Bibel wurden Regeln im Laufe der Jahre diskutiert und verändert. So verschwand das alttestamentarische „Auge um Auge…“ und wurde durch die Bergpredigt und die Aufforderung „Liebet eure Feinde“ ersetzt. Vor der Aufklärung war das ethische Verhalten der Untertanen in den Herrschaftsbezirken streng geregelt. Das vermittelte Sicherheit und durch eine soziale Normierung waren bei Verstößen alle gleichgestellt. Durch Herrschaftswechsel und durch den gesellschaftlichen Konsens unterlagen diese Regeln einer stetigen Veränderung oder Aufhebung. Als Beispiel eines gesellschaftspolitischen Konsens in der Gegenwart nannte Dr. Krannich die Abschaffung der strafrechtlichen Verfolgung von Homosexualität, die irgendwann gesellschaftlich nicht mehr vermittelbar war und nicht dem Autonomiegedanken des 20. Jahrhunderts entsprach. Die Frage ob sich die Gesellschft derzeit wieder mehr Absicherung durch Regeln wünsche, beantwortete der Dekan mit einem klaren Ja. Die Coronapandemie sei da sicher ein Brandbeschleuniger gewesen, da niemand wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte und Regeln nahezu uneingeschränkt akzeptierte. Das habe sich in gewisser Weise durch Themen wie digitale Transformation und Klimawandel fortgesetzt. Da sich – basierend auf der Philosophie von Immanuel Kant – der Mensch nicht selbst normieren kann, brauchen wir Regeln, weil nur wenige freiwillig ihre Komfortzone verlassen. Vorraussetzung ist jedoch, dass diese Regeln von einer breiten Mehrheit als sinnvoll oder nützlich akzetiert werden.
Krannich, der die Digitalisierung in der Kirchenverwaltung und die Präsenz der Kirche in Sozialen Medien vorantreiben will, sieht in den „asozialenMedien“ in denen das fehlende Gegenüber immer wieder zu sprachlichen und zwischenmenschlichen Tabubrüchen führt, die Notwendigkeit einer Regulierung.
Fazit einer ausgesprochen anregenden Diskussion: wir selbst sind nicht selten Treiber für mehr Regeln, und müssen wieder lernen, gewisse Missstände auszuhalten. Die Zehn Gebote als bestes Beispiel für Regeln ohne Chaos geben Verhaltensweisen vor, setzen bei der Umsetzung aber auf Einsicht und Eigenverantwortung. Auf die abschließende Frage an Dr. Krannich, welche Regel er sofort abschaffen würde, nannte er die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)
Damit stimmt er mit den Gesprächsteilnehmern vorheriger RoC45 Runden weitgehend überein.
Manuel Hagel
„Der Kapitän der CDU Mannschaft im Landtag Baden-Württemberg“, Manuel Hagel, stand uns am 4.April Rede und Antwort, und gab mit dieser Definition seiner Position in Stuttgart die Richtung des RoC45-Gesprächs vor. Locker und unkompliziert ging es 45 Minuten um den Austausch von Meinungen zum Thema Regeln und Regelbewusstsein. Letzteres beschrieb Hagel aus seinem Verständnis, als Balance zwischen Freiheit und Verantwortung. „Jeder darf sein wie er ist, und unter dieser Maßgabe entwickeln wir Gemeinsinn und Gemeinschaft“. Dem Vergleich mit dem über Jahrzehnte gewachsenen Umweltbewusstsein widersprach Hagel. „Umweltbewusstsein gibt es schon lange. Es erforderte mehr Eigenverantwortung, die es früher auch ohne Regeln gab“. Auf dem Land aufgewachsen, habe er erlebt, dass die Landwirte aus Einsicht und Erfahrung richtige Entscheidungen getroffen haben. „Ohne Regeln. Da hat der Respekt vor der Natur eine lange Tradition“.
Das es zu viele Regeln gibt, die mehr hemmen als helfen, dem stimmte der CDU Fraktionsvorsitzende uneingeschränkt zu. Aus seiner Sicht war die Finanzmarktkrise Ende der 90er Jahre der Anlass, die offensichtlichen Regelungslücken konsequent zu schließen. „Die Frage nach der Schuld ist der falsche Ansatz, was wir brauchen sind bessere Zielvorgaben“. Manuel Hagel verwies auf das Positionspapier seiner Partei, in dem sie fordert, Gesetze nur mit Verfallsdatum zu verabschieden und vor der Vorlage zur Gesetzgebung neuer Normen verpflichtend einen Realitätscheck durch Praktiker durchzuführen.
„Dass es nicht immer leicht ist, resilient gegen momentane Stimmungen zu sein, habe ich selbst erfahren müssen, als ich mich gegen mehr Brandschutzvorschriften ausgesprochen habe, nachdem der Brand in einem Seniorenheim als tragischer Unfall feststand. Wenn dabei Menschen zu Schaden kommen, ist das sehr bedauerlich, aber Einzelfälle können nicht der Grund sein, etwas für alle neu zu regeln“.
Mit dem Satz „Ein Leben ohne Risiko ist ein Leben ohne Freiheit“ brachte er auf den Punkt, was ROC seit Jahren beschäftigt. Sensibilisierung für den Sinn oder Unsinn von Regeln, mehr Eigenverantwortung und, wie Hagel ergänzte, die vier K müssen bereits in der Schule gelehrt und auch angewendet werden. Die 4 K sind Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und kritischen Denken als Voraussetzungen für Innovationen. „Weil Start-ups schon in der Gründungsphase an zu viel Regelwerk scheitern, und Ideen nicht realisiert werden sind wir im Dynamikindex auf den hinteren Plätzen, während wir beim Innovationsindex unter den Top five rangieren“. Die Antwort auf die Frage welches Gesetz er sofort abschaffen würde, zögerte er nicht. Die Bundesemmissionsschutzverordnung! Ein Gesetz, dass nicht in die Zeit passt. Nicht das Einzige.
Marcel Emmerich
Am 20. Dezember 2022 war Marcel Emmerich zu Gast bei RoC45, unserem unkompliziert per Videokonferenz abgehaltenen Gespräch zu unserer Initiative; begrenzt auf 45 Minuten Gesprächszeit.
Herr Emmerich ist Mitglied des Bündnis 90 / Die Grünen und Bundestagsabgeordneter für Ulm und den Alb-Donau-Kreis.
Ihm wurde zunächst unser Verständnis eines Regelbewusstseins vorgestellt, woraufhin ihm die Gelegenheit gegeben wurde, auch seine Vorstellung davon zum Ausdruck zu bringen. Seinem Vortrag konnte man entnehmen, dass auch er einem „Verfallsdatum“ oder auch „Überprüfungsfristen“ für Regeln zugeneigt wäre, um den Bürokratieabbau in Deutschland voranzutreiben. Die immer neu entstehenden Gesetze zum Bürokratieabbau seien selbst sehr bürokratisch; der Normenkontrollrat stelle dem nur in geringem Maße etwas entgegen.
Auf unsere immer zum Ende von RoC45 gestellte Frage, welches Gesetz er denn abschaffen würde, hatte er eine sehr schnelle und deutliche Antwort: „Die Abstandsregeln bei Windkraftanlagen“ – ganz getreu dem Grundsatzprogramm seiner Partei. Marcel Emmerich erklärte sich bereit, auch bei zukünftigen Veranstaltungen unserer Initiative dabei zu sein.
Ronja Kemmer
Ausgewählte Gäste, ein spannendes Thema und ein Gesprächsformat von 45 Minuten. Das ist RoC45, eine Reihe von Videokonferenzen, die wir vor einem Jahr in loser Reihenfolge begonnen, und am 6.Oktober 2022 mit einem weiteren Gesprächspartner fortgesetzt haben.
Zu Gast bei RoC45 war diesmal MdB Ronja Kemmer. Die CDU-Abgeordnete für den Wahlkreis Ulm und stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU Alb-Donau/Ulm, war nach einer von RoC veranstalteten Podiumsdiskussion mit Unternehmern 2019 bereits zum zweiten Mal unser Gast. Ihr politischer Schwerpunkt: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI).
Die Konfrontation mit dem Begriff Regelbewusstsein, beantwortete Ronja Kemmer zunächst mit der Feststellung, dieser Begriff sei für sie grundsätzlich positiv besetzt. Unterschiedlicher Meinung waren wir allerdings beim Verständnis von Regelbewusstsein und seiner Definition. Ronja Kemmer definierte Regelbewusstsein als ein breites Bewusstsein in der Bevölkerung für ein regelbasiertes Zusammenleben. Für RoC ist Regelbewusstsein dagegen die Sensibilisierung für die Konsequenzen von Regeln. Die sind bis zu einem gewissen Punkt positiv, beim Überschreiten eines Kipppunktes schränken sie jedoch die Innovationskraft, Motivation und Handlungsfähigkeit ein.
Eine Ursache für das zunehmend ausufernde Regelwerk sah Ronja Kemmer im „Nanny-Staat“ – einem Staat, der sich bis ins Detail um alles kümmern will. Dieser wird von Teilen der Politik befördert, aber auch von Teilen der Bevölkerung eingefordert. Sie vertrat die Ansicht, dass nur eine Digitalisierung und der Einsatz von KI – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des damit verbundenen Fachkräftemangels – eine durchgängig funktionierende Verwaltung künftig sicherstellen könne. Das sei auch eine Chance, Prozesse zu optimieren. Zur Bekämpfung der Bürokratie gibt es auf Bundes- wie auch auf Länderebene Normenkontrollräte. Allerdings seien diese in den täglichen Politikbetrieb wenig eingebunden und wenig präsent. Auch fehlten die Kompetenzen, um tatsächlich etwas verändern zu können.
Einigkeit bestand darin, dass die Problematik der Überregulierung nicht zeitnah behoben sein wird und somit auch 2023 noch Gesprächsbedarf zu diesem Thema besteht. Ihre Beteiligung daran sagte sie zu, und so sind wir auf weitere Impulse gespannt.
Alexander Engelhard
Der CSU-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Günzburg verbindet als Müller und Dipl. Wirtschaftsingenieur Handwerk, Landwirtschaft, Technik und Politik und vor allem kommt er aus der Praxis. Am 6.September stellte er sich bei RoC45 unseren Fragen, die er spontan, unkompliziert und „aus dem Bauch heraus“ beantwortete.
Die Frage nach seiner Definition von Regelbewusstsein konterte Engelhard mit der Feststellung, dass Bürger Regeln wollen, sich von Regeln nicht betroffen fühlen, oder sie einfach akzeptieren. „Darüber nachdenken tun die Wenigsten…. Nur wer betroffen ist setzt sich mit den Vor- oder Nachteilen der Regel auseinander. Das sind vielleicht 50 Prozent“. Der Druck für Veränderungen müsse noch weiter steigen, bevor Menschen die Komfortblase verlassen. „Gerade in der derzeitigen Lage zeigen sich die fehlende Eigenverantwortung und die mangelnde Bereitschaft selbst aktiv zu werden. Die Welt ist so komplex, dass Regeln dem Alltagsleben eine Struktur geben“.
Engelhard stimmte zu, dass zu viele Regeln notwendige Veränderungsprozesse behindern, wenn nicht gar verhindern. „Das betrifft jedoch weniger die Bürger, als vielmehr Unternehmen“. Sein Beispiel: Datenschutz. Aus seiner Sicht ein überflüssiges Regelwerk, das mehr schadet, als nützt. Auch wenn er manchmal die Hoffnung fast aufgegeben hat, gehe es darum Betriebe zu unterstützen. Und es gibt Ansätze wie den Arbeitskreis Staatsreform, oder mit einer Merit-Order beim Strompreis.
Wenig Positives sah Engelhard dagegen beim Normenkontrollrat, „der schon vom Namen her zu kompliziert ist“, und bei der Ampel-Regierung, die in dieser Konstellation nur auf der Basis von Kompromissen agieren könne. Zum Ende der 45 minutigen Gesprächs versprach Engelhard in spätestens einem Jahr wieder bei RoC45 dabei zu sein. Spannend wie sich bis dahin alles entwickeln wird.